Es klinkt absurd, dass ausgrechnet Holz ein perfekter Brandschutz für Stahl sein soll. Wie soll das gehen? Wir alle kennen Holz als das perfekte Brennmaterial für unseren Kamin, für das Lagerfeuer oder den Grill. Aber wir alle kennen und schätzen Holz auch als Werkstoff mit sehr guten thermischen Dämmeigenschaften. Ein 120 mm dicke Massivholzwand erreicht leicht die gleichen Dämmwerte wie eine 360 mm dicke Mauerwand. Und genau da liegt das Geheimnis von Holz.
Stahl, als stabiler, günstiger und filigraner Werkstoff, eignet sich perfekt für die unterschiedlichsten Stützkonstruktionen vom Dach bis zur Treppe, hat aber den Nachteil, dass es schon bei einer Temperatur von 500 Grad rund die Häfte seiner Stabilität verliert. Um es einfach zu formulieren. Im Brandfall wird ungeschützter Stahl schnell butterweich. Die Folge ist ein Versagen der Tragfähigkeit. Um dies zu verhindern, wurden und werden Stahlkonstruktionen mit Ummantelungen oder Verkleidungen aus Beton, Putz, Gipsfaserplatten oder änlichem abgeschirmt. Alternativ dazu wurden aufschäumende Brandschutzanstriche aufgebracht. Alle Massnahmen mit dem Ziel, die Wärme so lang wie möglich vom Stahl weg zu halten. Jedoch haben diese Varianten häufig ökologische, ökonomische oder ästhetische Nachteile.
Die Ingenieure Florian Tabeling und Stefan Sandbrink vom Ingenieurbüro SHL aus Hannover haben zusammen mit Herrn Prof. Dr. Ing. Peter Schaumann vom Institut für Stahlbau, ebenfalls aus Hannover, jetzt den Nachweis erbracht, dass Holz ein perfekter Brandschutz für Stahl ist. Die ausgezeichteten thermischen Dämmeigenschaften in Kombination mit dem natürlichen Brandschutzeigenschaften von Holz – dem Verkohlen – schützen den Stahl effektiv vor der kritischen Erwärmung. In mehreren Versuchsreihen ist es ihnen gelungen den Temperaturverlauf im Brandfall nachzuweisen, der deutlich unterhalb des krittischen Wertes des Tragfähigkeitsverlustes geblieben ist.
Die Erkenntnis der isolierenden Verkohlungsbildung in Kombination mit der Abbrandgeschwindigkeit läßt sich auch im Treppenbau sehr gut anwenden. Zum Beispiel erfüllen in die Holzstufen eingebettete Stufenträgersysteme aus Stahlprofilen die Anforderungen an eine F30 Klassifizierung, ohne dass die Stahlteile zusätzlich geschützt werden müssen. Das bringt neue Möglichkeiten der Gestaltung und des Materialeinsatzes mit sich. Die neue “gestalterische Freiheit” ist im besonderen bei etagenverbindenden Wohnungstreppen von Vorteil. Eine Brandschutz-beschichtete Treppe wird im öffentlichen Treppenraum sicher noch akzeptiert, aber im privaten Wohnbereich möchte kaum ein Kunde eine solche Beschichtung haben.
Auch wenn diese Art des Brandschutzes mit Holz noch in der wissenschaftlichen Erprobungshase ist, lassen sich schon heute in Praxis diese Erkenntnisse umsetzen. Die Zukunft wird zeigen, ob Brandschutz-Sachverständige, Prüfer und Gutachter diesen Weg mitgehen und sich bei der Umsetzung immer strenger werdender Anforderungen flexibel zeigen. Einem hochwertigen Wohnraum und Lebensgefühl kann man dies nur wünschen.
Hier der Link zum wirklich sehr interessante Beitrag der Ingenieure Tabeling, Sandbrink und Prof. Schaumann.
Holz als konstruktiver Brandschutz – Informationsdienst Holz
Vielen Dank an die Autoren für die Möglichkeit der Veröffentlichung und Verbreitung.